Bäume brauchen Pflege, es stellt sich nur die Frage wie
Um es vorab zu sagen, Bäume brauchen Pflege, gerade wenn sie eine schöne alte Stadt wie Dillenburg als Allee schmücken, ist es unabdingbar, dass sie erhalten und gepflegt werden, dass ihre Standfestigkeit geprüft wird und dass sie eine Zierde und kein Ärgernis oder gar eine Gefahr darstellen.
Alleen, wie sie in der Baumgartenstraße in Dillenburg zu finden sind, wurden verstärkt ab dem 19. Jahrhundert als städtebauliche Elemente angelegt. Sie sind somit ein historisches Element der Stadtentwicklung, kleine, grüne Oasen in der innerstädtischen Tristes von Beton, Ziegeln, Steinen und Putz. Sie sind darüber hinaus kleine Biotope. Sie reinigen das Grundwasser, filtern Feinstaub und Schadstoffe aus der Luft und produzieren Sauerstoff. Viele Alleen sind Straßenverbreiterungen oder geänderten Verkehrsführungen zum Opfer gefallen, Dillenburg kann sich rühmen noch einige wenige dieser städtebaulichen Elemente zu besitzen. Ein Gewinn, vor allem wenn sich eine Kommune gerade um eine Landesgartenschau bewerben will.
Da mutet es schon seltsam an, wenn im frühen Frühjahr, kurz bevor die Bäume grünen ein Arbeitstrupp eintrifft und einen massiven Einschnitt vornimmt. In der Stadtverordnetenversammlung darauf angesprochen, sagt der Bürgermeister, die Fachleute der Stadt ordneten das Ganze als normalen Pflegeeingriff ein. Die Anwohner sind da gespalten. Es hatte laut Zeitungsbericht Bitten einer Anwohnerin gegeben, die Bäume zurückzuschneiden, andere Anwohner der Baumgartenstraße sind mit dem Umfang dieses Rückschnitts aber nun so ganz und gar nicht einverstanden. Auch sie sagt klar, sie wolle nicht, dass den Bäumen geschadet werde, im Gegenteil Lücken sollten aufgefüllt werden. Davon ist indes keine Rede. Stattdessen sind zehn Bäume nun „kronenlos“ und werden in diesem Sommer wenig zur Beschattung der Gehwege beitragen können.
Ganz sicher kein gutes Argument sind die Müllabfuhr und Rettungsdienste. Die Bäume haben eine Höhe, die es kaum notwendig macht, sie derart heftig zu beschneiden, denn die Kronen thronen über den Fahrzeugen. Auch hätte man sich auf einen straßenseitigen Rückschnitt begrenzen können. Und Fußgänger können sich nach wie vor in genau dem gleichen Umfang in der Straße bewegen wie vorher, schließlich ist der Umfang der Stämme nicht reduziert worden und dabei wird es ja wohl auch hoffentlich bleiben.
Sicher muss man an dieser Stelle beiden Seiten Verständnis entgegenbringen:
Die städtischen Arbeiter machen, beauftragt von der Verwaltung, ihre Arbeit und dass Pflege eines innerstädtischen Baumbestandes notwendig ist, steht außer Frage.
Die Anwohner kritisieren den Umfang und sorgen sich um ihr schattiges und schönes Wohnambiente – für eine Stadt wie Dillenburg ganz sicher besser, als wenn jeder sich nur um seinen Vorgarten kümmern würde. Scheinbar möchten es die Menschen schön und historisch haben, schätzen ihre Allee. Bereits vor einigen Jahren hat es eine Unterschriftenaktion zu ihrem Erhalt gegeben – damals wurde nur ein Baum gefällt. Ob die Bäume den jetzt vorgenommenen Eingriff überstehen, wird leider erst die Zeit zeigen.
Fest steht dann aber auch, dass es in diesem Fall an Feingefühl gemangelt hat und das in mehrfacher Hinsicht:
Feingefühl gegenüber den Bäumen und dem Sichtbild, sicher hätte es keiner radikalen Schnittkur bedurft und man hätte die Kronen deutlich weniger und damit sanfter für die Bäume beschneiden können. Unstrittig muss so etwas häufiger erfolgen als ein heftiger Kahlschlag, mehr Arbeit, dafür kein Streit mit den Anwohnern und ein schöneres Straßenbild.
Feingefühl aber auch gegenüber den Anwohnern. Hier hätte man mit den Menschen sprechen müssen und nachfragen, wie hoch die Belastung durch Laub und Schmutz denn wirklich ist und wie sie sich ihre Straße vorstellen. Am Ende wäre man vielleicht zu der Erkenntnis gelangt, dass die Menschen ihre Allee mit dem Schatten der Bäume schätzen und in den Herbstmonaten dafür auch Laub in Kauf nehmen. Das gehört nämlich dazu, wenn man sich dafür entscheidet in eine solche Straße und eben auch „Unser Dillenburg“ zu ziehen.
Immerhin bleibt der Stadt die Chance daraus zu lernen und mit mehr als ein oder zwei Bürgern zu sprechen, bevor die Säge im großen Stil angesetzt wird. Das würde so manche Unstimmigkeit wie Herbstlaub aus dem Weg pusten…